Columbus Reisetagebuch

Eine Reise von tausend Meilen beginnt mit dem ersten Schritt (Lao Tse)

Teil 5: China Fortsetzung – von der Wüste zum tibetischen Hochland von China – die Provinzen Gansu und Qinghai

Endlich nach 10 Tagen in der Ausnahmeprovinz Xinjiang überqueren wir kurz vor dem Städtchen Dunhuang die Grenze zur Provinz Gansu. Hier soll das wahre China beginnen – mal schauen!
Die Einfahrt nach Dunhuang gestaltet sich jedenfalls ohne Grenzkontrollen, die Überwachungs- Kameras sind praktisch verschwunden, Polizisten stehen auch keine herum. Die Strassen sind voller Leben, die Läden nicht vergittert. Auch das Einkaufen alleine und ohne Polizei- Eskorte ist möglich. Wir dürfen uns wieder fast frei bewegen.

Chinesischer Supermarkt

 

Dunhuang ist heute ein eher kleineres Landstädtchen mit 200’000 Einwohnern. Die Stadt war früher aber eine bedeutende Passage der Seidenstrasse von China nach Xinjiang. Umgeben von den Wüsten Gobi und Lop Nor führte der damalige Handelsweg entlang des gelben Flusses Huang He, als schmale Passage zwischen den Gebirgen Qilian Shan, Longshou Shan und Hali Shan durch die Oasengebiete, dem sogenannten Gansu – Korridor.
Entlang der Seidenstrasse wurden nicht bloss Waren gehandelt, auch Religionen wie der Buddhismus gelangte auf diesem Weg nach China.
Ein gutes Beispiel für buddhistische Höhlenklöster sind die berühmten Mogao- Grotten in Dunhuang.

Über 1300 Jahre lang wurden von Generation zu Generation in verschiedenen Dynastien über 500 Gebets- Höhlen entlang eines Flusses in Sandstein gegraben. Die Grotten und Nischen sind wunderschön bemalt und mit Buddhafiguren bis zu 16 Meter Länge versehen. Ebenfalls sehr wertvoll war der Fund von über 50’000 Schriftrollen. Dieser Platz ist seit 1987 UNESCO- Weltkulturerbe.

 

Dunhuang hat noch eine weitere Touristen- Attraktion zu bieten: Die grossen Dünen mit dem Mondsichelsee. Hier herrscht wildes vergnügliches Treiben mit Kamelreiten, Sandbuggie fahren, Dünensurfen bis zu Helikopterflügen. Bloss die Dünen besteigen muss man per piedes, dafür mit Steighilfe und natürlich dem passenden Accessoire. Der Blick von hier oben ist grandios. Wenn bloss der fliegende Sand nicht wäre!

 

 

Heute, Sonntag, 26.5. 2019 soll die Fahrt weiter nach Jiayuguan führen, einer weiteren Station der Seidenstrasse inklusive Reststück der grossen Mauer. Doch soll uns ein gewaltiger Sandsturm einen Strich durch die Rechnung machen. Als wir auf die Autobahn auffahren wollen, ist diese einfach gesperrt. Havy Winds! Sandsturm! Sicht von einem Meter! Oder doch eine wichtige Person aus Peking?
Wir warten vergebens 5 Stunden vor verschlossenen Schranken und kehren dann zurück zum letzten Hotelstellplatz in Dunhuang.
Hoffentlich ist morgen wieder besseres Wetter, denn dann müssen wir die doppelte Strecke fahren.

 

Heute morgen stehen wir um 4:00 Uhr auf und fahren ohne Morgenessen in die stockdunkle Nacht hinein. Gottlob hat sich der Sandsturm gelegt und die Autobahn ist wieder geöffnet. Denn heute müssen wir zwei Fahretappen zurück legen, um die Gruppe wieder einzuholen. Wir haben Glück, um 10: 30 Uhr stehen wir bereits an der chinesischen Mauer in Jiayuguan. Hier war einst für die meisten Chinesen das Reich der Mitte zu Ende. Mehrere Forts und eine lange Mauer sollte die Menschen vor Räuberbanden beschützen. Der chinesische wilde Westen hinter den beiden Wüsten Gobi und Taklamakan war den meisten Chinesen nicht geheuer. Sie fürchteten sich vor den Naturgewalten, Überfällen und kultureller Barbarei.

 

 

Die grosse Mauer von Jiayuguan am westlichen Ende wartet auf uns!
Auch Max hat auf uns gewartet. Gemeinsam besteigen wir ein historisches Monument, das wir bereits von vielen Bildern kennen. Doch live, auf eigenen Füssen hier zu stehen ist doch ein ganz spezielles Erlebnis. Sogar die Sonne zeigt sich wieder und wir geniessen einfach diesen Moment hier zu sein.

 

 

Nach einer kleinen Stärkung drängt aber der Zeitplan, wir müssen nochmals 280 Kilometer in die farbigen Berge des Danxia Nature Reserve unter die Räder nehmen. Auch diese Berg- Gegend ist einfach grandios. Von Oxyden gefärbte Sandsteinschichten und gestreifte Hügel so weit das Auge reicht. Mit Shuttlebussen im Hopp-on-hopp-off System werden wir von einem Highlight zum nächsten gefahren. Wir sind die einzigen Langnasen und erregen entsprechend Aufsehen.
Leider müssen wir für den Übernachtungsplatz nochmals 40 Kilometer zurück in die Stadt Zhangye fahren, wo wir auf einem neu angelegten sehr speziellen Stadtcampingplatz stehen.

 

 

Die Stadt selber erfindet sich gerade neu, überall stehen leere Hochhäuser und wirken wie aus dem Boden gestampft. Alte Quartiere wurden dazu einfach eingeebnet. Neue Autobahnen mit mehreren Meter breiten Neupflanzungen zu beiden Seiten säumen die Strassenränder. Wir fahren hinauf Richtung Biandukou- Nature Reserve durch fruchtbare und mit künstlicher Bewässerung angelegte Gemüsekulturen.

Wir stehen heute bei der Biandukou Ecology Leisure Tourism Area auf 2400 Metern über dem Meeresspiegel, auf einem der wenigen chinesischen Campingplätzen inmitten schöner Berglandschaft. Natürlich werden die Wanderschuhe geschnallt und die Gegend erforscht.

 

 

Die Weiterfahrt führt uns noch höher hinauf durch die Qinlian Shan-Berge, die nördlichen Ausläufer des Himalayas. Über mehrere Pässe bis 3600 Meter Höhe und über weite Hochebenen, auf denen Halbnomaden ihre Yak und Schafe weiden lassen, fahren wir im Regen und leichtem Schneefall hinunter nach Xining. Wir befinden uns jetzt in der tibetisch geprägten Provinz Qinghai.

 

 

Xining, die Hauptstadt der Provinz Qinghai ist eine Millionenstadt und ist bekannt für sein grosses Museum zur tibetischen Lebensweise. Ein Trakt ist ganz der tibetischen Medizin gewidmet. Im Trakt daneben findet sich das berühmte Tanka Painting, ein 618 Meter langes Gemälde, welches von 400 Malern in 27 Jahren gemalt wurde. Ebenfalls eindrücklich sind die tibetischen Trachten, schön bunt, verrückt und ausgefallen. Ob die wohl heute noch getragen werden?

 

Tibetische Trachten

 

Wir übernachten auf einem der seltenen chinesischen Campingplätzen mitten in der Stadt auf 2300 Metern, schön ruhig und in einem Park gelegen. Unsere Mobile sind natürlich bei den chinesischen Touristen wieder einmal der Renner.

 

 

Die Route führt uns noch höher in die Berge, weiter hinauf ins tibetische Hochland. Im Grasland weiden tausende von Yacks und Schafe der immer noch nomadisch oder halbnomadisch lebenden Tibeter.

 

 

Wir übernachten heute an einem ganz besonderen Ort: Vor dem Kloster Labrang auf 3200 Metern Höhe. Von einem Mönch werden wir durch das Kloster geführt. Das Innere der Tempel darf leider nicht fotografiert werden, erinnert mich in seiner Buntheit und Verrücktheit an indische Tempel. Eigentlich verständlich, hat der tibetische Buddhismus seine Wurzeln doch in der indischen Religion. Der Geruch der Yackbutter ist für meine Nase gewöhnungsbedürftig. Die knallbunten Figuren daraus sind es ebenso.

 

In der Pilgerstadt Xiahe

 

Sehr eindrücklich ist, wie hier die Religion noch gelebt wird. Am Morgen früh laufe ich mit den Pilgern eine Umrundung des Klosters von 3 Kilometern mit. Natürlich lasse ich das Hinknien und auf dem Bauch rutschen aus. Doch auch so erfasst mich eine Meditative Stimmung, ich könnte noch lange mitlaufend, doch das nächste Kloster ruft!

 

 

Über wunderbares Grasland mit tausenden von Yacks und winzigen Dörfchen oder Yurtensiedlungen erreichen wir das wunderbar in den Bergen gelegen Kloster Langmusi. Hier werden ganz viele Mönchsanwärter unterrichtet, das heisst Kinder und Jugendliche. Sehr neugierig versuchen sie mit uns Langnasen ins Gespräch zu kommen. Doch manchmal ist es mit einem Fussball einfacher, als mit Worten.

 

 

Früh am Morgen verlassen wir Langmusi wieder und fahren durch weite Prärielandschaften, wie ich sie nur aus Nordamerika kenne.
Das Grasland, das von Yacks und Pferden beweidet wird, ist von vielen mäandernden Flüssen durchzogen. Wir schlagen unsere Zelte in einem der vielen neuen Touristencamps in der Nähe von Hongyuan auf und geniessen die Weite der Landschaft. Leider spielt das Wetter nicht ganz mit. Regen und Schneeschauer wechseln sich ab mit sonnigen Partien. Denn immer noch befinden wir uns auf etwa 3400 Metern über Meer.

 

 

Wir verbringen nochmals eine Nacht in dieser wunderbaren tibetischen Hochebene. Leider ist das Wetter nicht für einen Grillplausch gemacht, Regenschauer vermischen sich mit Graupelkörnern und Blitze erhellen den Himmel. So verziehen wir uns in unsere gemütlich geheizte Kiste.
Morgen soll unsere Reise dann hinunter in die heisse Ebene von Chengdu und weiter in den tropischen Süden führen. Was wird uns wohl dort an Exotik erwarten?

 

 

 

 

 

 

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1 Kommentar

  1. Edith Stocker Juli 6, 2019

    Hallo zusammen

    wie ein spannendes Buch lässt sich euer Reisebericht lesen.
    Wunderbar! Tolle Fotos !!!! Herzlichen Dank und weiterhin eine
    schöne Reise.
    Bleibt gesund.
    Liebe Grüsse aus Uster

Antworten

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