Offroad Training in Marokko vom 11. Februar bis 18. März 2019
Auf Asphaltstrassen haben wir jetzt fast ein Jahr lang Erfahrungen gesammelt mit unserem Columbus. Doch wie ist das Fahren mit so einem LKW auf Sand, auf Schotterpisten, im unwegsamen und steilen Gelände oder ganz Offroad?
Um dies herauszufinden und die Grenzen unseres Gefährtes auszuloten, haben wir uns für
ein 3-wöchiges Offroad -Training für LKWs angemeldet.
Dabei sollen wir auch einmal einen Reifen wechseln und den Einsatz der Bergegurte und Sandbleche üben.
Dies nicht in irgendeiner Kiesgrube in Deutschland- nein, in der marokkanischen Wüste ist dies doch viel schöner!
So machen wir uns am 22. Februar unter kundiger Leitung und mit einer Gruppe von Gleichgesinnten auf den Weg in die Wüste.
Mit der Fähre schippern wir vom spanischen Motril nach Melilla, um möglichst schnell hinunter in Marokko’s Süden zu gelangen, dorthin wo die Sanddünen locken. Über Oudja und Errachidia fahren wir entlang der algerischen Grenze ins Tafilalet, einem Gebiet von Marokko, das bereits seit der Frühzeit besiedelt war.
Nach zwei langen Fahrtagen können wir uns in der Oase von Meski erholen. Wir sind bei einer marokkanischen Familie zum Nachtessen eingeladen und genießen Tajine und Couscous. Zum Dessert gibt es noch eine Überraschung in einem anderen Haus des Dorfes. Was von außen aussieht wie ein marokkanischer Stall, entpuppt sich als “Home-Studio” eines Profimusikers!
Was es da alles zu sehen gibt, ist nicht mit Worten zu beschreiben. Die Musikleidenschaft tropfte förmlich von den Wänden. Wir lassen lieber Bilder sprechen. Die Musiker selber, die nach afrikanischer Manier immer zahlreicher wurden, spielten und tanzten für uns/ für sich selber? mindestens zwei Stunden lang. Für mich als Musikliebhaberin und Tanzbegeisterte einfach eine wundervolle Nacht!
Am nächsten Morgen bei der Abfahrt lernten wir eine wichtige Lektion: Werfe immer einen Blick unter den LKW, es könnte sich eine Katze im Ventilator des Kühlers verstecken!
Wir verlassen die grüne Oase über eine wunderbare Fahrt durch das grüne Tafilalet Richtung Erfoud, dem Ausgangspunkt zu den ersten Dünen. In Erfoud können wir uns nochmals auf dem Bazar mit Lebensmitteln, Wasser und Diesel eindecken, bevor wir für fünf Tage in die Wüste eintauchen. Unser erster Trainingsort liegt am Rande der traumhaften Dünen des Erg Chebbi.
Damit aber das Fahren im Sand Spass machen kann, lernen wir natürlich zuerst den richtigen Luftdruck für unsere Reifen in den verschieden Geländeformen zu berechnen. Nach tüchtigem Luftablassen geht es erstmals los mit dem Fahren auf Sandpisten. Einfach herrlich! Beat befürchtet bereits, dass er ab jetzt nicht mehr ans Steuer gelassen wird. Doch zeitig zu den steinigen und knüppelharten Passagen reiche ich ihm den Zündschlüssel wieder weiter.
Hier in der Traumkulisse des Erg Chebbi steht ein erster Radwechsel mit Felge auf dem Programm. Und mit ein paar Tipps und Kniffs und vor allem dem richtigen Werkzeug schaffen wir dies alle. Übrigens wiegt so ein LKW Rad um die 130 Kilogramm! Ein paar Schweisstropfen haben wir dann doch vergossen. So schmeckt das Bier und das Aperobuffet in der marokkanischen Wüste anschliessend doppelt so gut.
Am nächsten Tag ist Zentimeter genaues Fahren mit dem LKW angesagt. Hier ist die Kommunikation zwischen Fahrer und Beifahrer das hilfreichste Mittel. Doch was machen, wenn die Einschätzung von Längenmassen nicht mit der Muttermilch eingesogen wurde? Hier hilft nur Vertrauen haben: Vertrauen in den Partner, in den LKW oder was auch immer.
Die Weiterfahrt führt uns nach Merzouga, einem kleinen Ort am Rande der grossen Dünen von Erg Chebbi, wo wir uns nochmals mit frischem Brot und Joghurts eindecken können. Den Einkauf beim lokalen Metzger lassen wir jedoch aus: Der Blick auf das ausgefranste Bein einer Kuh und das aufgedunsene gerupfte Huhn lassen uns zum temporären Teilzeit- Vegetarier werden.
Die abwechslungsreiche Fahrt entlang der algerischen Grenze lässt uns das bisher Gelernte anwenden. Auf schmalen Pisten, über abenteuerliche Bergstrecken und durch wegloses Gelände ruckeln und hoppeln wir in Untersetzung und mit Längssperre in einem LKW-Konvoi von zehn Fahrzeugen zum Gebiet des ausgetrockneten Salzsee des Lac Maider. Nicht nur aus dem Weltall muss dies ein kurioses Bild abgegeben haben. Überall wo wir uns blicken lassen, sind wir im Nu von Neugierigen und bettelnden Leuten umgeben. So gestalten sich die Stopps zum Mittagessen etwas mühsam: Bettelnde Kinder und Erwachsene aus den Zelten der Halbnomaden kommen sofort von überall angelaufen. Dirrham! Bonbons! Stilos! Cadeaux oder T-shirt’s werden in forderndem Ton verlangt. Auch in der Wüste ist man nirgends alleine! Als Geldkiste auf Rädern sowieso nicht!
über tolle weiche Sandpisten schaukeln
auf ausgetrockneten Salzseen die eigene Spur finden
über knüppelharte Pisten und Pässe hoppeln
In der Nähe von Zagora treffen wir nach fünf Tagen Wüstenfahrt und weglosem Gelände wieder auf eine Asphaltstrasse. So ist wieder mal Reifen füllen angesagt. Zagora dient uns bloss als Versorgungsstation für Lebensmittel, Diesel und Wasser. Letzteres wird wegen den marokkanischen Tröpfelleitungen und mit 10 LKWs eine langwierige Angelegenheit. Unsere Einrichtung mit Tauchpumpe und Wassereimer kommt somit zum ersten Mal zum Einsatz. Die Zeit reicht gerade noch, um in Mhamid, einem kleinen Flecken am Rande der Wüste unser Nachtlager aufzuschlagen. Ein starker Wind und viel Sand in der Luft lassen uns früh in unserer guten Stube verschwinden. Die Nähe zu den wirklich großen Wüsten von Mauretanien und Mali lässt grüßen.
Zagora
Mhamid am Rande der grossen Wüsten
Die nächsten fünf Tage fahren wir wieder grösstenteils durch wegloses Gelände. Diese Strecke von Mhamid nach Foum Zguid war früher Bestandteil des berühmt- berüchtigten Ralley Paris – Dakkar. Wunderschön und abwechslungsreich!
Verschiedene Unternehmungen halten uns dabei auf Trab: Reifen wechseln ohne Felge, Millimeterfahren um improvisierte steile Haarnadelkurven am senkrechtem Abhang, Cremeschnitten und russische Schokolade essen, Fahrzeuge einsanden und wieder ausschaufeln, Sandbleche und Abschleppgurte richtig anwenden, Speedrennen mit LKWs über ausgetrocknete Salzseen und zu guter Letzt Weisswurstessen in der Wüste.
Wem das nicht abwechslungsreich genug war, der konnte sich ja an der wunderbaren Kulisse der Landschaft fotografisch verwirklichen oder einen Kamelritt über die Dünen wagen.
am mechen bei 30°
am geniessen in Erg Chegaga
Auf der Weiterfahrt treffen wir auf die weisse und glücklicherweise ausgetrocknete Fläche des Salzsees und Naturschutzgebietes des Lake Iriki. In Zeiten, in denen der Salzsee nicht ausgetrocknet ist, hätten wir einen grossen Umweg oder die Versenkung unserer Fahrzeuge in Kauf nehmen müssen.
Die Tour führt uns durch menschenleere Landschaften, entlang der algerischen Grenze, so dass wir immer wieder Checkpoints passieren müssen, was Dank der vorbereiten Fiches relativ zügig von statten geht.
Wüstenlandschaften mit Zelten der Halbnomaden und ihren Tieren sowie Tafelberge prägen den letzten Teil der wunderbaren Fahrt.
Am Fusse eines Tafelberges ist nochmals ein Workshops zum Thema Fahrzeugkontrolle und artgerechtes ausblasen der Luftfilter angesagt. Dazu ist bei uns leider Kabinenkippen, verbunden mit Kabine ausräumen vonnöten.
Der heftige Wind, der zum Sandsturm anwächst, macht die Sache auch nicht besser. So beenden wir diesen Workshop vorzeitig, die sauberen Luftfilter werden wieder neu mit Sand gefüllt und die Grillparty wird verschoben. Denn die meisten von uns verkriechen sich zum Abendessen in die Fahrzeuge.
Kurz vor Foum Zguid fahren wir entlang der Tafelberge über eine knüppelharte Piste, die dem Fahrer und der Beifahrerin alles abverlangt. So sind dann alle erleichtert, als wir kurz vor Taznakht wieder Asphalt unter die Räder kriegen. Im Marktflecken von Tasnakt können wir wieder ein paar Vorräte einkaufen, sowie Wasser und Diesel tanken. Die Weiterfahrt führt durch eher eintönige Landschaft bis an den Fuss des hohen Atlasses, wo wir inmitten von Olivenbäumen unsere Zelte aufschlagen, bzw. unsere Reisemobile parkieren. Der letzte Campingabend in freier Wildbahn muss ausreichend mit einem Grillabend gewürdigt und auf die folgende Passüberquerung Mut angetrunken werden.
Am frühen Morgen geht es dann los über die gefährlichste Passtrasse von ganz Afrika (so wird es uns jedenfalls verkauft) – den 2100 Meter hohen Tizzi n‘ Test!
Der Anfang gestaltet sich sehr bequem – eine gut ausgebaute Passstrasse wie in den Schweizer Bergen. Später dann ist sie einspurig geteert und teilweise ohne Leitplanken und mit überhängenden Felswänden gekrönt. Zum Glück sind hier LKWs verboten! So kommt uns bloss ein französischer Wohnmobilist mit angehängtem PW entgegen!
Glücklich erreichen wir alle die Passhöhe mit super Aussicht und genießen den marokkanischen Minzentee unter dem blühenden Mandelbaum. Erstaunlicherweise finden sogar alle zehn LKWs einen Parkplatz auf dem engen Pass.
Die beeindruckende und kurvenreiche Fahrt hinunter nach Marrakech will kein Ende nehmen. Es ist eine Fahrt hinunter in den Frühling, wo die Bäume die Landschaft mit ihrem frischen Grün der Blätter verzaubern. Die höchsten Gipfel des Atlasgebirges sind noch weiß verschneit und in Marrakech herrschen bereits Temperaturen von 30 Grad! Uff!
Wir quartieren uns für zwei Nächte auf einem Parkplatz in der Nähe der Koutoubia Moschee ein, der Dank geschickter Verhandlung unserer Reiseleitung für uns reserviert wurde. Der Besuch der quirligen Stadt erfolgt individuell. Wir sind jedoch Hunde-müde nach der anstrengenden Passfahrt und machen bloß noch ein paar Schritte zum berühmten Platz, dem Jemna El Fnaa und ziehen uns nach dem ohrenbetäubenden Lärm und dem Getümmel in ein ruhiges Restaurant in einer ehemaligen Karawanserei zurück. Wir schlafen tief und fest und werden am Morgen von Vogelgezwischter geweckt – dies mitten in der Grossstadt!
im Jardin Majorelle
Für den zweiten Tag in Marrakech haben wir einen Besuch im Jardin Majorelle von Yves Saint Laurent vorgesehen. Doch die lange Kolonne vor dem Ticketschalter lässt nichts Gutes erahnen. Tapfer stellen wir uns dann doch in die Reihe und beschließen, in zukünftigen Städten touristische Highlights nur noch ganz früh am Morgen oder gar nicht zu besuchen. Am Abend finden wir uns mit einer Gruppe zu einem gemeinsamen Essen in einem tollen Restaurant. Zur Abwechslung wieder mal italienisches Essen und dazu ein Glas Wein ist auch nicht zu verachten. Dank Handy & maps.me finden wir problemlos wieder aus den engen Gassen der Medina heraus.
So langsam heißt es Abschied nehmen von unserer Marokkoreise. Zügig geht es auf der Autobahn über Casablanca und Rabat nordwärts nach Meknes, wo uns eine weitere Überraschung erwartet. Wir verbringen unseren letzten gemeinsamen Abend mit der Gruppe bei einem guten Essen mit Weinverkostung und mit einer Führung durch eines der berühmtesten Weingüter Marokkos, dem Domaine de la Zouina.
Nach dem Abschied von der Gruppe fahren wir am nächsten Morgen nach Moulay Idriss, einem Wallfahrtsort für Muslime und besichtigen die sehenswerte Römische Siedlung Volubilis mit den farbenfrohen Mosaikböden. Für die Nacht quartieren wir uns auf einem Campingplatz inmitten von Olivenbäumen ein.
Die Fahrt am nächsten Tag führt uns durch eine grüne Landschaft, die uns an die Provence und später an Mitteldeutschland erinnert. Bloss die Zuckerrohrfelder und die Eselskarren irritieren ein wenig.
Vor der Einschiffung in Tanger wollen wir nochmals am Meer campieren und steuern den Strand von Assilah an. Über einen holperigen Feldweg ist schnell ein schönes Plätzchen über den Klippen gefunden. Bei einem feinen Essen aus der Bordküche und einem Glas Wein lassen wir das Abenteuer Offroad Marokko ausklingen, bis wir bereits im Dunkeln durch lautes Klopfen und dem Schein einer Taschenlampe gestört werden. Das marokkanische Militär und später noch die Polizei fordern uns auf, diesen Platz ultimativ zu verlassen. Es sei hier wegen der vielen Flüchtlingen und den brutalen afrikanischen Banden viel zu gefährlich. Sie können für unsere Sicherheit hier in dieser verlassenen Gegend nicht garantieren. Wir sollen auf einen Parkplatz in den Ort fahren. Wohl oder übel rumpeln wir bei völliger Dunkelheit um elf Uhr Nachts den holprigen Feldweg wieder zurück und stellen uns zu anderen Wohnmobilen auf einen Parkplatz, der dann entgegen der Angaben der Polizei doch kostenpflichtig war.
Am nächsten Morgen nehmen wir die letzten Kilometer nach Tanger Med auf der Autobahn unter die Räder. Unser Schiff nach Genua soll um 16:30 Uhr auslaufen. Im Fährhafen ist alles klar strukturiert und geht geordnet über die Bühne. Manch anderer Hafen wie Barcelona oder Genua könnte sich hier ein Vorbild nehmen. Wegen der vielen Sicherheitsvorkehrungen muss man aber vier bis sechs Stunden früher im Hafen sein. Nach den ganzen Zollformalitäten werden wir durch einen mobilen Scanner geschickt, und direkt vor dem Einschiffen werden alle Fahrzeuge nochmals gründlich auf Flüchtlinge an und unter Bord untersucht. Die LKWs mussten ihre Tanks öffnen und Such- Hunde schnüffelten nach illegalen Gütern.
So ein Prozedere dauert natürlich seine Zeit. Deshalb lichtete die ”Exzellente” der GNV nach zweistündiger Verspätung und bei schönstem Wetter erst um 18:30 Uhr die Anker. Die Fahrt durch die enge Passage der Strasse von Gibraltar lädt zum Nachdenken ein. Europa und Afrika – so nah und doch für Viele so unerreichbar fern! Viele wollen rüber und viele verlassen dafür ihre Familie und ihre Heimat und manche verlieren gar ihr Leben!
Damian und Heidi Andenmatten April 14, 2019
Hallo ihr Zwei.
Euer Marokko Reisetagebuch mit den vielen tollen Bildern hat uns sehr gefallen. Mit viel Freude schauen wir zurück auf die Offroad-Tour. Danke nochmals für die vielen Tipps! Schön Eure Bekanntschaft gemacht zu haben. Und jetzt werden wir gespannt die Weiterreise nach Asien / Australien verfolgen. Wir wünschen Euch viel Spass und unvergessliche Momente.
LG Dami und Heidi.